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Buchcover von Unertrunken von Alexis Pauline Gumbs Aki Verlag

Unertrunken

Unertrunken: Was ich als Schwarze Feministin von Meeressäugetieren lernte von Alexis Pauline Gumbs ist eins der seltsamsten Bücher, das ich in letzter Zeit gelesen haben – und ich meine das in einem überaus positiven Sinne. Ich gebe zu, ich musste erst reinkommen, aber dann hat mich diese ungewohnte Art, über Delfine, Wale, Robben und Co. in Verbindung mit Schwarzem Leben zu sprechen, für sich eingenommen. Die Kapitel tragen Überschriften wie „Atmen“, „Verletzlich sein“ oder „Dem Kapitalismus ein Ende setzen“. Das Buch durchzieht eine aktivistische und eine spirituelle Note, es übt Kritik, fokussiert sich aber auf Liebe und Heilung.

Gumbs lebt in Durham in den USA und beschreibt sich selbst als „Queer Black Troublemaker“. Ihre Art zu schreiben, ist experimentell. In Unertrunken dient ihr der transatlantische Versklavungshandel als Ausgangspunkt. Die katastrophalen Bedingungen, unter denen weiße Kolonisten Afrikaner*innen über den Atlantik in die Amerikas verschleppten, hat viele das Leben gekostet. Diejenigen, die überlebten, nennt Gumbs die Unertrunkenen. Sie beschäftigt sich mit den Folgen dieser kollektiven Erfahrung, indem sie über Eigenschaften und Verhaltensweisen von Meeressäugetieren nachdenkt. Sie erwähnt, dass sie zwar naturwissenschaftliche Handbücher herangezogen hat – eine standardisierte Art von Wissen –, findet dann aber eine ganz eigene Sprache und Erzählweise über diese Tiere und bezieht sich dabei besonders auf Schwarze Wissensproduktion. So berichtet Gumbs von den karibischen Mönchsrobben, die zwar mit der Ankunft von Kolumbus einen Genozid erlebten, aber eine ruhige, starke Haltung beibehielten. Oder sie erzählt vom Fleckendelfin, der sich wirksam entzieht, um sich zu schützen, und Wissenschaftler*innen damit vor Rätsel stellt – Fleckendelfine lassen sich nicht so leicht einordnen und kategorisieren. Diesen Eigenschaften schreibt Gumbs einen Vorbildcharakter zu; Menschen können von ihnen lernen, besonders, wenn sie von systematischer Unterdrückung betroffen sind.

Gumbs spricht auch von Beziehungsformen, Mutterschaft und Care. Dabei hinterfragt sie, was Menschen sich gegenseitig zuschreiben und was sie Tieren zuschreiben. So wird es beispielsweise „draußen im Meer … nicht für queer gehalten, wenn von Wissenschaftler*innen als männlich bestimmte Tümmler*innen über Jahrzehnte lang in Partnerschaften leben“ (123). Auf eine einzigartige Weise stellt Gumbs traditionelle Wissensproduktion und soziale Konditionen in Frage. Ihre Meditationen inspirieren eine widerständige und fürsorgliche Praxis, für die Gumbs am Ende des Buches auch einige konkrete Übungen für Einzelpersonen oder Gruppen liefert.

Besonders positiv ist mir bei der deutschen Ausgabe des Aki Verlags aufgefallen, dass Daniela Seel als Übersetzerin auf dem Cover genannt wird und auf der ersten Seite weitere Personen gelistet werden, die an der Erstellung des Buchs beteiligt waren – Simoné Goldschmidt-Lechner und Mirjam Nuenning, die die Übersetzung unterstützten, Miriam Ibrahim, die das Lektorat unterstützte, Diana Ejaita, die das wunderbare Cover gestaltete, und adrienne maree brown, die ein Vorwort verfasste. An Buchprojekten sind viele Leute beteiligt und ihrer Arbeit gebührt diese Art von Sichtbarkeit.

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