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Queenie

Bei Queenie handelt es sich auf über 500 Seiten um einen Ritt durch eine wirklich dramatische Episode im Leben der gleichnamigen Protagonistin, in der ihre Beziehung endet, sie um ihren Job bangen muss und sie sich im gentrifizierten London gezwungen sieht, in eine heruntergekommene Zweck-WG zu ziehen. Gleichzeitig feiert der Roman Freundinnenschaft, normalisiert körperliche Vielfalt und Psychotherapie.

Queenie ist 25 und arbeitet in der Kulturredaktion einer Zeitschrift für einen schlechten Lohn. Ihre Pitches zu Black Lives Matter Themen werden wiederholt abgelehnt und ihr wird zu verstehen gegeben, dass sie froh sein kann dort zu arbeiten – es gebe viele wie sie. Um ihre Trennung zu kompensieren hat Queenie mit unzähligen Männern Sex, die sie über eine Dating-App kennen lernt oder im Büro, was sie fast den Job kostet. Viele dieser Szenen sind brutal und wirken selbstzerstörerisch. Ihre Freundinnen, die sie liebevoll die „Corgis“ nennt (denn die Queen liebt ihre Hunde, genau wie Queenie ihre Freundinnen), stehen ihr konstant mit Rat zur Seite – der Roman beinhaltet viele ihrer Chatverläufe – und machen ihr auf mehr oder weniger offensive Weise deutlich, dass sie auf sich aufpassen und ggf. professionelle Hilfe suchen sollte. Mir war es beim Lesen auch schon unangenehm, wie wenige Grenzen Queenie setzt, und ich war froh, als der Teil des Buches begann, in dem sie sich ihren Problemen stellt. Dieser Teil eröffnet auch größere charakterliche Tiefe, da sich herausstellt, dass Queenie einige Traumata aus ihrer Kindheit mit sich herumschleppt.

Queenie ist Candice Carty-Williams gefeiertes Debut. In einem Interview mit dem Missy Magazine erklärt die Autorin, dass sie sich für ihr Buch selbst das Label „Black-Bidget-Jones“ ausgesucht hat. Ich hatte mich bereits über diese Kategorisierung auf dem Buchrücken gewundert, weil es typisch für weiße Kritiker*innen ist, die Qualität von postkolonialen Werken anhand derer von weißen Schritftseller*innen zu messen. Bei Carty-Williams handelt es sich aber um eine Strategie, sie wollte einen Massentauglichen Roman aus Schwarzer Perspektive schreiben. Das ist etwas, was Carty-Williams selbst vermisst hat und nun hat sie es erfolgreich geschafft, ihren Leser*innen einen vielschichtigen Einblick in eine ganz konkrete Lebensrealität zu bieten. Es spielt natürlich eine Rolle, dass die Protagonistin Schwarz ist, aber eben nicht nur. In der Mischung aus Leichtigkeit und wokeness erinnert mich Queenie irgendwie an den Afrodeutschen Heimatkrimi Schwarze Madonna von Noah Sow, der nicht im britischen, sondern im deutschen Kontext verankert ist. Wer also einen humorvollen, leicht weg zu lesenden Schmöker sucht, der trotz aller Klischees über Chick Lit intelligent ist, findet in Queenie genau das richtige Buch.

(Übersetzung aus dem Englischen von Henriette Zeltner-Shane)

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