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Buchcover von Jasmina Kuhnkes Roman Schwarzes Herz

Schwarzes Herz

Den Namen Jasmina Kuhnke haben in Deutschland sicherlich die meisten schon mal in den (sozialen) Medien wahrgenommen oder zumindest Kuhnkes Pseudonym Quattromilf (Mom I’d like to follow). Ihr effektiver Aktivismus gegen Rassismus führt dazu, dass Kuhnke ständig dem Hass im Netz ausgesetzt ist. Ende 2020 initiierte Kuhnke gemeinsam mit der Amadeo Antonio Stiftung den Sheroes Fund, der Opfer rechtsextremer Gewalt, die weiblich, trans, inter oder nicht-binär sind, finanziell unterstützen will, wenn sie – wie Kuhnke selbst – Anwalts- oder Umzugskosten tragen müssen. Aber hier soll es eigentlich nicht in erster Linie um Kuhnkes Online-Präsenz und Aktivismus gehen, sondern um ihr erstes literarisches Werk, den Roman Schwarzes Herz, auf den ich sehr gespannt war!

Die knapp 200 Seiten lesen sich schnell weg, auch wenn sie größtenteils von schrecklichen Erlebnissen erzählen. So scheint an dieser Stelle wie zu Beginn des Buches eine Inhaltswarnung nötig zu sein: In dem Roman geht es um alle Arten von Gewalt – rassistische, psychische, physische und sexualisierte Gewalt. Lesenden sei empfohlen, auf sich selbst zu achten. Die Wirkung dieser extremen Gewalt wird dadurch verstärkt, dass der Roman sich wie ein Tagebucheintrag der Protagonistin liest. Zwar rahmt sie ihre Erfahrungen mit der starken und stolzen Erkenntnis, sich freigekämpft zu haben, aber ansonsten handelt es sich um einen subjektiven Bericht dessen, wie ein gewalttätiger weißer Stiefvater, ein aggressiver weißer Partner und das deutsche Schulsystem mit mehrheitlich weißen Lehrpersonen versuchen das Schwarze Mädchen, das zu einer Frau heranwächst, zu brechen. Kuhnke beschönigt keine dieser Erfahrungen. Die Selbstzweifel und der verletzte Selbstwert der Ich-Erzählerin machen unangenehm deutlich, welche desaströsen psychischen Folgen Diskriminierung vor allem dann haben kann, wenn eine Schwarze Person isoliert von anderen Menschen mit ähnlichen Erfahrungen aufwächst.

Das Buch spielt im Ruhrgebiet, Duisburg wird erwähnt. Aber wie die Erzählerin Menschen in ihrer Umgebung und ihren kleinstädtischen Ruhrgebietskontext beschreibt, bleibt oberflächlich. Da die im Roman beschriebenen Erfahrungen nicht an einen spezifischen Ort gebunden zu sein scheinen, verstärkt sich der Eindruck, dass Probleme wie Rassismus oder häusliche Gewalt in Deutschland strukturell sind – und eben nicht ortgebunden.

Dem Tagebuchstil entsprechend, gibt es keine anderen Perspektiven auf die Erzählerin und Protagonistin, die mit rassistischen Zuschreibungen und daraus entstehendem Selbstzweifel gebrochen hätten. Nur ihre Selbstbefreiung am Ende, die einen sehr kleinen Teil des Buches ausmacht, legt eine andere Perspektive nahe. Ich hatte wiederholt den Eindruck, dass es die Kritik, die der Roman übt, bereichert hätte, wenn die Erzählperspektive hin und wieder über den Bewusstseinshorizont der einen Figur hinaus geschaut hätte. Dennoch empfehle ich Schwarzes Herz all denjenigen, die gern heimlich in Tagebüchern von anderen blättern oder in die spezifische Erfahrungswelt einer Person eintauchen möchten. Die Ich-Perspektive, die Leser*innen die fiktive Welt der Protagonistin aus ihrer Perspektive erleben lässt, ist besonders im Zusammenhang mit Rassismus und sexualisierter Gewalt eine wertvolle: Die Stimme einer Betroffenen wird gehört. 

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