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Glory

Glory ist ein Buch, das komisch und erschütternd zugleich ist. NoViolet Bulawayos zweiter Roman, der 2022 für den Booker Prize nominiert wurde, ist zynisch, unversöhnlich und zum Schluss dann doch irgendwie hoffnungsvoll. Es handelt sich um einen scharfen politischen Kommentar und ein formal überaus innovatives Buch. Die Geschichte spielt in Jidada, einem fiktiven afrikanischen Land, das von Nutztieren bevölkert wird. Mit den Elementen einer Fabel entsteht eine satirische Hülle für die Erzählung, die noch nicht einmal versucht zu verstecken, dass es eigentlich um Simbabwe geht, das Heimatland der Autorin. Konkret geht es um den Sturz des Alten Pferdes – das auch als Vater der Nation bezeichnet wird. Nach seiner jahrelangen Herrschaft über eine korrupte Regierung wird das Pferd abgesetzt und ein aufstrebender Nachfolger – der Retter der Nation – verspricht Veränderungen, belässt dann aber fast alles beim Alten und macht sogar einiges noch schlimmer.

Der Roman handelt vom Streben nach „Ruhm“ (Glory) und den Gräueltaten, die auf dem Weg zu diesem Ziel begangenen werden. Es geht um die koloniale Geschichte Simbabwes und vor allem darum, was nach der Unabhängigkeit geschah. Die schmerzhaftesten Passagen der Geschichte erzählen vom Gukurahundi, einem Völkermord, der zwischen 1982 und 1987 durch staatlich organisierte Gewalttaten begangen wurde, um die Opposition gegen die herrschende Partei zu unterdrücken. Dieser Völkermord fand zu einem großen Teil entlang ethnischer Linien statt.

Bulawayos Prosa ist rhythmisch und erinnert an mündliche Erzähltraditionen: Es tauchen viele idiomatische Ausdrücke auf, die für Leser*innen im Globalen Norden vielleicht ungewohnt sind, sowie zahlreiche, wirkungsvolle Wiederholungen. Dieser traditionellere Erzählstrang wird ergänzt von Twitter-Beiträgen, Hot-Takes zu politischen Ereignissen, und von einer Erzählung, die das Innere verschiedenster Charaktere erforscht: von den so genannten Kindern der Nation, dem Volk von Jidada, bestimmten Individuen und ihren jeweiligen Qualen, sowie Passagen aus der Perspektive des Alten Pferdes, des Retters der Nation und der Verteidiger (Hunde, die die Militärpolizei des Landes bilden).

Immer wieder fängt Bulawayo Szenen ein, die so verheerende Umstände aufzeigen, dass sie fast komisch wirken, nur dass sie es nicht sind. Für mich war diese Darstellung eines Volkes, dessen bescheidene Hoffnungen auf einen wirklichen Wandel immer wieder zunichte gemacht wurden, so niederschmetternd, dass ich das optimistische Ende nur schwer für bare Münze nehmen konnte. Ob man es nun als Hoffnung oder als vernichtende Kritik oder beides liest, es ist ein starkes Buch, geschrieben von einer sehr talentierten Autorin.

(Aus dem Englischen von Jan Schönherr)

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