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Migrazioni/Migrations

Migrazioni/Migrations (2016) ist ein Gedicht- und Fotoband des nigerianischen Autors Wole Soyinka, dem ersten afrikanischen Autor, der 1986 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Der von Alessandra Di Maio, einer Akademikerin und Übersetzerin von Soyinkas Werken auf Italienisch, herausgegebene Sammelband konzentriert sich auf die Realität der Migration, indem er die Routen untersucht, die Italien und Afrika, insbesondere Nigeria, verbinden.

Dieses umfassende Werk beinhaltet Arbeiten von 32 Dichter*innen (16 italienischen und 16 nigerianischen), die sich in Gesprächen auf das Thema Migration in ihren vielfältigen Deklinationen konzentrieren – Tod, Leben, Erinnerung, Krieg, Verschränkung von Vergangenheit und Gegenwart. Abwechselnd zu den Gedichten fungieren eine Reihe von Schwarz-Weiß-Fotografien (aufgenommen von Akitunde Akinleye und George Osodi) mit erstaunlicher visueller Kraft als ergänzende Erzählung. Das Buch bietet 16 Gedichte, deren Gesamtzahl sich auf eine Tradition der Yoruba bezieht, zu denen Soyinka gehört, die besagt, dass die Zahl 16 die kosmische Ordnung repräsentiert.

Zusätzlich zu diesen 16 Gedichten gibt es ein letztes Gedicht, das siebzehnte, das von Soyinka selbst geschrieben wurde und dem Yoruba-Gott des Chaos gewidmet ist. Diese Komposition wird von einem Gegenstück des italienischen Schauspielers und Dramatikers Dario Fo begleitet, der der Anthologie auch zwei seiner Gemälde zur Verfügung hat, die die Beziehung zwischen Italien und Afrika darstellen.

Unter den Dichter*innen, die an diesem literarischen Werk mitgewirkt haben, um nur einige zu nennen, befinden sich neue afropolitische Stimmen wie Chris Abani und Jumoke Verissimo, aber auch bekannte nigerianische Dichter*innen wie J.P. Clark-Bekederemo und Odia Ofeimun. Neben ihnen gibt es Beiträge einiger italienischer Dichter*innen, unter anderem Ascanio Celestini, Erri De Luca, Silvia Bre und Stefano Benni.

Ursprünglich waren sowohl die Fotografien als auch die Gedichte Teil einer Ausstellung im Rahmen des Lagos Black Heritage Festival, das von Wole Soyinka kurartiert wurde. Jedes Jahr organisiert Nigeria das Festival in Partnerschaft mit einem anderen Land, zu dem kulturelle Affinitäten und Beziehungen bestehen. Im Jahr 2012 wurde Italien aufgrund seiner zentralen Lage in Bezug auf die afrikanische Diaspora im Mittelmeerraum als Partnerin ausgewählt. Eine spektakuläre Ausstellung fand auch in Palermo auf Sizilien statt – einer Stadt, die dem afrikanischen Kontinent sowohl kulturell als auch geografisch nahesteht. Die Veranstaltung trug den Titel „Afro-italienische Nacht der Dichter“.

Diese eigentümliche Anthologie ist eine Brücke zwischen zwei Kontinenten, die seit Jahrhunderten durch mediterrane Routen verbunden sind. Der riesige Zwischenraum aus Wasser, welches früher ein Netzwerk von Handelsstraßen war, ist heute ein Ort der Verzweiflung, der Hoffnung und des Todes. Das Wasser beobachtet ungerührt diese beispiellose und doch allzu bekannte Tragödie: Einige wenige Glückliche ignorieren voller Brutalität die Qualen der Migrant*innen und Geflüchteten, die auf der anderen Seite Sicherheit suchen. Migrazioni/Migrations ist ein künstlerisches Werk und ein Mahnmal von und für all jene Stimmen, die auf See verloren gingen, heute wie gestern.

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