Life isn’t All Haha Heehee
Macht das Leben noch Spaß, wenn du nicht mehr wie einundzwanzig aussiehst?
Vielleicht habe ich mich selbst verflucht, als ich diese “Bücher-über-Filme“-Snobs verurteilt habe, oder vielleicht bin ich doch einfach wählerischer, als ich dachte. Meera Syals zweiter Roman Life isn’t All Haha Heehee (Das Leben ist nicht nur Haha Hihi; ohne deutsche Übersetzung) fühlt sich wie eine inoffizielle biographische Fortsetzung von Anita and Me (Anita und ich) an. Obwohl Life isn’t… viel schwerere Themen behandelt, behält es den schwarzen Humor, den Syal so gut beherrscht. Wie immer ist ihre Prosa unbestreitbar phänomenal, doch die gleichnamige BBC-Miniserie kommt für mich nicht daran heran. Die Charaktere sind einfach nicht so wie im Buch. Okay, okay, ich bin eine Heuchlerin. Aber wirklich, lest zuerst das Buch.
Life isn’t… folgt dem Leben dreier bester Freundinnen, die zusammen in der Punjabi-Community im Osten Londons aufgewachsen sind. Sunita, die ehemalige Aktivistin, gescheiterte Jura-Studentin und unglückliche Ehefrau. Tania, früher mal die, die sich auf dem Pausenhof mit allen anlegte, nun angehende TV-/Film-Regisseurin. Und dann noch Chila: Süß, wie es im Buche steht, aber nicht die Sorte, die im Sexy Lamp Test durchfallen würde. Die Geschichte beginnt mit Chilas Hochzeit mit Deepak – ein sehr erfreulicher Anlass, da ihre Familie bereits zum Schluss gekommen war, sie sei zu dumm, um heiratsfähig zu sein. Chilas Unschuld inspiriert Tanias Chef dazu, Tania ihr eigenes Filmprojekt realisieren zu lassen: einen Dokumentarfilm über die Liebe in der südasiatischen Community. Dieser Tokenismus bringt Tanias Karriere in Schwung, obwohl er genau die Antithese dessen ist, worauf Tania ihre Karriere hätte aufbauen wollen. Doch der Erfolg ihres Filmes entfacht auch Verrat, mit der Konsequenz, dass die Frauen inmitten ihrer zerrütteten Freundschaften alleine für ihr Glück kämpfen müssen.
Wie immer stellt Sayal die südasiatische Erfahrung in den Vordergrund, ohne dabei die Lesenden zu isolieren, oder, noch schlimmer, etwas Abgedroschenes zu schreiben, wodurch die Lesenden lediglich zu Beobachter*innen der „Anderen“ werden. Sorgen, Freuden und Kämpfe überschreiten Grenzen, auch wenn sie sich in ihren Ausprägungen unterscheiden mögen. Bevor sich ihre Wege trennten, war es einst die unausgesprochene Regel ihrer Freundschaft, dass die drei Frauen durch ihr geteiltes Leben als Hausfrau vereint werden würden: Ehemänner, Kinder und, in Chilas Worten, „gemeinsam alt und schlaff werden“.
Leider ist die Phrase: „du lässt sich gehen“ ebenso sehr eine Anschuldigung wie eine Klage. Bei so vielen Szenen in beiden Versionen zog sich alles in mir zusammen, zum Beispiel als ihr Mann Akash Sunita eine alte Schachtel nennt, woraufhin sie sich die Haare schneidet und abnimmt. Es ist frustrierend, wie vertraut mir der Druck ist, alles tun und sein zu müssen und es allen recht machen zu müssen – und das alles vor dem unvermeidlichen Wandel zur alten Schachtel mit sechsunddreißig. Die wiederholten Hinweise auf Tanias Schönheit sind noch ein weiterer Beweis für die unbequeme Wahrheit: Menschen wollen eher etwas über eine andere Kultur lernen, wenn sie von einer Person mit einer nahbaren Mischung aus exotischer und klassischer Schönheit präsentiert wird.
Bedauerlicherweise ging diese Nuance und sogar der Humor in der Verfilmung verloren oder wird in hohlen, expositionsartigen Dialogen vermittelt. Die Miniserie gibt dem chaotischen Liebesleben der Frauen zu viel Raum, obwohl die Liebe nur eine Kontrastfigur darstellt für die Herausforderung, das eigene Leben selbstbestimmt zu gestalten. Trotzdem solltet ihr die Serie nicht ganz abschreiben. Es ist Teil eines Werks, in dem nicht die südasiatischen Klischees von bunten Farben, eindimensionalen, verrückten Eltern und spontanen Tanznummern die Hauptrolle spielen.
Es darf außerdem auch nicht vergessen werden, wie selten und erfrischend es ist, eine Geschichte zu lesen, in der Frauen in ihren Dreißigern immer noch nach dem Glück statt nach möglichen Pflegeheimen suchen.
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