
Death of the author
Nnedi Okorafors neuester Roman, Death of the author, ist eine afrikanisch-futuristische Geschichte über die Schriftstellerin Zelu, die nach einem Unfall in ihrer Kindheit mit einem Rollstuhl unterwegs ist und nach Jahren des Misserfolgs plötzlich mit einem Roman über Roboter und künstliche Intelligenz weltberühmt wird. Der Fokus liegt auf Zelu, die eigensinnig und willensstark ist, aber auch von Schuldgefühlen und mangelnder Selbstwertschätzung geplagt wird. Anhand dieser Protagonistin kann der Roman die Buchbranche kritisch begutachten, komplizierte Familiendynamiken nachzeichnen, hervorheben, wie belastend Ableismus ist, und sogar Einblicke in den Roboter-Roman bieten. Der Roman im Roman hebt das Geschichtenerzählen als eine einzigartige menschliche Fähigkeit hervor, fragt aber auch geschickt: Wer schreibt eigentlich wessen Geschichte? Thematisch hat der Roman mich sofort angesprochen und beim Lesen wirkte er trotz dieses breiten Spektrums in keinster Weise überladen. Okorafors Schreibstil ist leichtfüßig, futuristisch und kreativ.
Da der Fokus des Romans so stark auf Zelu liegt, erschien mir der Rahmen trotz der thematischen Vielfalt manchmal etwas eng. Zelu ist eingebunden in ihre große, laute nigerianische Familie. Ihre Eltern und Geschwister leben wie sie in Chicago und sie treffen sich regelmäßig. Doch ihre vielen Familienmitglieder bleiben in ihrer Ausgestaltung eher flach: Sie bevormunden Zelu und haben Angst um sie, was sie oft durch Maßreglung oder kühle Abkehr äußern. Vor allem als Zelu sich von einem MIT Professor sogenannte Exos geben lässt – eine neue prothetische Technologie, die ihr ermöglichen soll, zu laufen – reagieren ihre Eltern und Geschwister so skeptisch, dass sie sie in ihrem Vorhaben völlig allein lassen. Die Angst, sie würde sich als Schwarze behinderte Frau zum Versuchskaninchen eines weißen Professors machen lassen, ist sicherlich begründet, aber auch nachdem Zelu die Exos schon jahrelang erfolgreich nutzt und als Bereicherung für ihr Leben betrachtet, lehnt ihre Familie sie weiterhin ab. Zelu scheint in ihrer Offenheit für Neues und Unkonventionelles oft allein zu sein. Sie erlebt Gegenwind und Rückschläge, hält aber fest an ihrer Suche nach mehr Freiheit.
Zelus Charaktereigenschaften prädestinieren sie dafür, Science-Fiction zu schreiben. Ihre fiktiven Fans verteidigen dieses oft verkannte Genre als wichtig und ernstzunehmend: In der Science-Fiction kann die Natur des Menschen hinterfragt, der Blick geweitet und Visionen der Zukunft entwickelt werden. Damit stellt Okorafor ähnliche Erfahrungen dar, die sie mit diesem Genre in der realen Welt selbst macht.
Mir hat das Tempo von Death of the author und das stetige, leichte Spannungslevel gefallen. Der Roman ist in keinem Moment langweilig, aber auch nicht überladen mit sensationellen Ereignissen und Plot-Twists. Vielmehr stellt er wichtige Fragen auf eine subtile Weise, die ich angenehm fand: Warum nehmen Menschen die Klimakrise nicht ernst, wenn sie ihr Untergang sein kann (wird)? Wie (un-)kritisch können und sollten sich Menschen auf technische Innovationen einlassen? Welche menschlichen Eigenschaften prägen Roboter und künstliche Intelligenzen? Mit welchen Konsequenzen?
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