Takeaway
Wer hat Lust auf eine Takeaway-Party?
Der chinesische Imbiss Chef’s Kitchen in El Cerrito, Kalifornien, war zu meiner High-School-Zeit ein beliebter Laden, der oft nach der Schule besucht wurde. Es gab nur eine kleine Theke, keine Sitzplätze und eine offene Küche. Immer mal wieder stieß eine Stichflamme aus den sich rasend schnell bewegenden Woks hervor. Es gibt heutzutage nicht mehr viele Orte, an denen Schüler*innen für weniger als zehn Dollar einen überquellenden Styropor-Behälter mit frischen Nudeln mit knackigem Sellerie und Kohl erhalten können (obwohl die Abkehr vom Styropor sicherlich gut ist). Oder fluffiger Reis, begleitet von Currys mit intensivem Geschmack und Stir Fries. Die Portionen sind zwar groß genug für zwei Mahlzeiten, aber das Essen ist einfach zu gut, um nach einer Portion aufzuhören.
Leider gibt es dort, wo ich heute wohne, keine chinesischen Imbissläden, die meinen Heißhunger befriedigen könnten, also widmete ich mich stattdessen dem Buch, das eure nächste Spätsommerlektüre werden sollte: Takeaway: Stories From Behind the Childhood Counter (zu Deutsch: Take-Away: Geschichten über die Imbisstheke meiner Kindheit; ohne deutsche Übersetzung). Die Lektüre war sowohl erhellend als auch schmerzhaft – denn ich wurde hangry. Die Kulinarik-Journalistin Angela Hui nimmt uns mit hinter die Theke von Lucky Star, dem Imbissladen, den ihre Familie über dreißig Jahre hinweg im ländlichen Dorf Beddau im Süden von Wales betrieb.
Als „Imbiss-Kind” aufzuwachsen, bedeutete für Angela Sicherheit und Hölle zugleich. Die Bedienung erfolgte entweder auf Hochtouren oder quälend langsam. Nach der Schule und an den Wochenenden quälten sich die Hui-Geschwister durch ihre Pflichten, nahmen Bestellungen entgegen und füllten Tüten mit frisch gebratenen Krabbenkräckern („einer für die Tüte, einer für uns“). Doch der vordere Bereich von Lucky Star war auch ein Ort für Feste, Feiertage und Familientreffen. Kurzum: Das Restaurant war mehr ein Zuhause als ihre Wohnung darüber.
„Unsere Familie liebt anders – nicht besser, nicht schlechter, aber eindeutig anders.“ Während ihre Liebe nicht in Frage gestellt werden kann, gibt es auch zunehmend Auseinandersetzungen. Ihr Vater wird zunehmend aggressiv und instabil, während ihre Mutter ihre Gesundheit für den Erfolg ihres Imbisses und ihrer Familie aufopfert. Es ist erfrischend, dass das Verhalten von Angelas Vater, der sie wegen einer verpfuschten Bestellung „nutzlos und dumm“ nennt, nicht einfach als Eigenart asiatischer Eltern abgetan wird.
Doch inmitten der Konflikte gibt es auch reichlich Schönes und viel Zärtlichkeit. Eine Familie, der für tiefgründige Verbundenheit oftmals die Worte fehlt, stellt diese übers Essen her. Ihre Mutter rettet die letzten Kürbisse, um eine nährende klassisch chinesische Suppe zuzubereiten. Es gibt Gelegenheiten wie die Notfall-Wonton-Suppe nach einem besonders harten Dienst oder dem Frühstück in einem Hongkonger cha chaan teng, zu denen der Vater eine ruhige, nicht wiederzuerkennende Version seines üblichen überdrehten Selbst wird.
Angela behandelt Traumata und Angstzustände beider Generationen. Englisch und Kantonesisch prallen sowohl in der Küche als auch zu Hause aufeinander. Während ihre Eltern nur wenige Orte haben, an denen sie sich selbstbestimmt fühlen, lehnt Angela alles Chinesische ab, um als walisisch anerkannt zu werden. Das Lucky Star erleidet auch Belästigungen von Telefonstreichen bis hin zu angsteinflößenderen Vorfällen wie angezündeten Abfalleimern und Einbrüchen in ihren Garten reichen, bei denen wertvolle Feigenblattkürbisse niedergemacht werden. „Genug“ zu sein, gibt es nicht.
Takeaway ist eine der Geschichten, die kein sauberes Ende, kein klares Fazit hat. Insbesondere, da wir in einer Zeit leben, in der Fragen zu Race und Identität polarisierender und instabiler erscheinen denn je. Doch das ist auch der Grund, weshalb mich das Buch so angesprochen hat, denn – Achtung, Klischee! – Essen vereint uns wirklich. Trotz der vielen Schwierigkeiten, denen die Familie ausgesetzt war, hat das Lucky Star alle mit Essen versorgt, ungeachtet deren Ansichten in Bezug auf Politik und Race.
Ich weiß, ich habe dieses Buch als Spätsommerlektüre angepriesen; doch angesichts dessen, wie teuer es geworden ist, auswärts essen zu gehen und wie viele Rezepte dieses Buch enthält, denke ich, dass das Buch mich auch durch die Wochenenden im Winter begleiten wird. Wer hat Lust auf eine Takeaway-Party?
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