James

James

Percival Everetts neuer Roman „James“ ist eine Neuerzählung von Mark Twains „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“, die den versklavten Schwarzen Nebencharakter Jim in den Fokus rückt, der im ursprünglichen Werk den Protagonisten Huck zeitweise begleitet und dem Percival Everett nun die Möglichkeit gibt, selbst zu Wort zu kommen und seine eigene Geschichte zu erzählen.

Jim ist ein intelligenter, sprachbegabter und belesener, philosophisch und gesellschaftlich interessierter Familienvater, der gezwungen ist, als Sklave bei Miss Watson zu leben und zu arbeiten. Als er erfährt, dass diese ihn verkaufen will und die Trennung von seiner Frau und Tochter unmittelbar bevorsteht, beschließt Jim kurzerhand, in den Norden der USA zu fliehen. Dort will er ein neues Leben in Freiheit beginnen und seine Familie zu sich holen. Auch Huckleberry Finn flüchtet vor seinem gewalttätigen Vater und gemeinsam machen sich die beiden auf den Weg.

Es ist keine Abenteuer-Geschichte, die der Roman erzählt, sondern er verhandelt Themen wie Identität und Selbstermächtigung im Angesicht der Erfahrung von Sklaverei. Auch geht es um die Frage ‚Was macht jemanden zum Sklaven?‘ und entlarvt die soziale Konstruiertheit von ethnischer Zugehörigkeit und die Scheinverbindung zwischen Race und Versklavung.

Auch Schreiben, Sprache und Wissen sind zentrale Bezugspunkte des Romans, deren Bedeutung Percival Everett in Interviews immer wieder betont. Jim bestreitet nicht zuletzt durch seinen geschickten Umgang mit verschiedenen Sprachregistern und durch seine informierten politisch-gesellschaftlichen Überzeugungen seinen Weg gegen alle Widrigkeiten. Bemerkenswert ist allerdings, dass der strategische Nutzen von besonderer Bildung und eines besonders virtuosen Umgangs mit Sprache nicht kritisch hinterfragt wird. Es bleibt das Gefühl zurück, man habe es hier mit der Vorstellung zu tun, diskriminierte, marginalisierte und gewaltvoll unterdrückte Gruppen müssten ‚besser sein‘, um dem Zustand der Unterdrückung zu entkommen.

Das Buch ist zugänglich geschrieben, aber nicht minder aufrührend: Es enthält die explizite Darstellung von Rassismus, darunter rassistische Sprache und die Darstellung der Tradition der Minstrel Shows. Auch körperliche und sexuelle Gewalt werden explizit beschrieben und sind immer wieder Motor der Wut des Protagonisten, der sich und andere aus der systematischen Gewalt befreien möchte. Der Roman geht durch die Perspektivierung auf einen ursprünglichen Nebencharakter weit über den Roman von Mark Twain hinaus. Er enthält tiefgehende Gespräche, in denen diverse Perspektiven und Schicksale Schwarzer Menschen in Zeiten der Sklaverei in den USA herausgearbeitet werden. Auch ist der Roman voller dramatischer Szenen, enthält einige Plot-Twists und überzeugt am Ende durch seinen willensstarken, klugen Hauptcharakter, aber auch durch vieldimensionale Schwarze Nebencharaktere, die Jim auf Teilen seines Weges begleiten.

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