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Aquariums

Aquariums by J.D. Kurtness

Aquariums

„Seit Anbeginn der Zeit waren diese sozialen, kommunikativen und doch einsamen Kreaturen menschlicher Präsenz ausgesetzt: Sie wurden eingeweiht in unsere ersten Schritte im Wasser, unsere ersten Schaufelhiebe, die ersten Motoren, die ersten Bomben. Sie waren da, um dem mörderischen Wahnsinn zu lauschen, dem wir uns, ohne Rücksicht auf sie, hingegeben hatten. Doch der Gnadenstoß war nicht unsere Harpunenkanone, sondern unsere Gleichgültigkeit.“ (S. 117)

Aquariums, zunächst 2019 bei l’instant même auf Französisch, und 2022 bei dundurn in englischer Überstezung von Pablo Strauss erschienen, ist der zweite Roman der Schriftstellerin J. D. Kurtness. Ihre eigenen Erfahrungen als Tochter eines Vaters, der den Innu angehört, und einer quebecischen Mutter, ebenso wie ihre Expertise auf dem Gebiet, prägen die komplexen und ambivalenten Figuren und Handlungsstränge. Sie laden dazu ein, moderne Indigenität in ihrer gesamten Komplexität zu betrachten und ermöglichen englischsprachigen Leser:innen einen Zugang zur frankophonen Indigenen Literatur aus Kanada.

In einer Zeit, in der die Rechte der Natur sowie die Übertragung der Kategorie „juristische Person“ auf natürliche Entitäten und „more-than-human“ Lebewesen immer mehr Verbreitung finden, macht Kurtness’ Entscheidung, die Perspektiven von Walen und Delphinen aufzunehmen, ihren Roman zu etwas Besonderem. Damit geht sie über die Inklusion von Indigenem juristischem Denken, das bereits Eingang im Diskurs um die Rechte der Natur fand, hinaus, indem sie die Erfahrungen von Meerestieren in die menschliche Welt einbindet. Angesichts der Veränderungen der Umwelt und zunehmender Bedrohungen passen nicht nur menschliche Figuren, Indigene Menschen ebenso wie Siedler:innen, sondern auch die Wale ihre sozialen Strukturen an.

Kurtness geht über die Einbindung von „more-than-human“ Leben hinaus. Sie erfasst auch das Leben im vorkolonialen Zeitalter und führt uns über Generationen hinweg zu einem Forschungsschiff nahe der Arktis, die in absehbarer Zukunft von der Verbreitung eines Virus und ökologischem Verfall geprägt ist. So gelingt es ihr, Indigenes Leben über die Jahrhunderte hinweg in ihrer emotionalen Komplexität zu denken, indem sie sich von traditionellen Genres und Handlungen löst.

Durch das Buch hindurch begleiten wir Émeraude von ihrer Kindheit bis zu ihrer späteren Tätigkeit als Wissenschaftlerin in einer apokalyptischen Zukunft – es ist der Blick auf ihr Leben und auf das der Wale, der dem Buch eine Kohärenz verleiht, die die beiden scheinbar getrennten Handlungsstränge miteinander verbindet. Sie erweisen sich schließlich als gar nicht so unähnlich. Wie Émeraude fühlen sich viele von ihren Communitys entfremdet. Émeraude selbst, Nachfahrin der menschlichen Figuren des Romans, sucht die Ausgestoßenen auf und hat immer mehr Schwierigkeiten, eine Verbindung zu denjenigen zu verspüren, die ihr am nächsten sind. Wir erleben den Verlust von geliebten Menschen aus ihren Augen und begreifen ihren zunehmenden Wunsch, die Meerestiere zu schützen, die ihr Gemeinschaft und Trost gegeben haben.

An der Schnittstelle zwischen Familienchronik und Pandemieerzählung und verflochten mit dem verheerenden Voranschreiten der Klimakatastrophe bietet Aquariums unentschlossenen und aufgeschlossenen Leser:innen eine Brücke zwischen historischem Roman und Science-Fiction. Obwohl die Kürze des Romans umfassende Weltenbildung erschwert, gelingt es Kurtness in fantastischer Weise, basierend auf ihrer Ausbildung als Meereswissenschaftlerin die Zukunft auszumalen und die tödlichen Konsequenzen des modernen Kapitalismus auf das ozeanische Leben nachzuzeichnen.

Leser:innen von Bernadine Evaristos Mädchen, Frau, etc. oder Yaa Gyasis Heimkehren werden sich voraussichtlich ebenfalls für die intergenerationalen Verbindungen in Aquariums begeistern, die das Buch ausmachen.

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